Michaela Haller ist Konferenzdolmetscherin und Übersetzerin für Deutsch (A) und Englisch (B). Nach ihrem Abschluss 2013 in Germersheim hat sie sich direkt selbstständig gemacht; mittlerweile ist Karlsruhe ihr beruflicher und privater Lebensmittelpunkt. Sie arbeitet in sehr vielfältigen Bereichen, von Denkmalpflege und Welterbe über Medizintechnik bis hin zu IT und Urkunden. Im BDÜ LV Baden-Württemberg ist sie seit 2018 im Mentoring-Programm als Mentorin aktiv.
Marike Telgen ist Konferenzdolmetscherin und Übersetzerin mit der Sprachkombination Deutsch (A), Spanisch (B) und Italienisch (C). Nach Abschluss ihres Studiums 2018 in Heidelberg hat sie sich mit einer Kollegin zusammengeschlossen und das Team Intercognita in Heidelberg gegründet. 2020 hat sie sich als Mentee beim Mentoring-Programm des BDÜ LV Baden-Württemberg mit dem Wunsch beworben, Anregungen zu erhalten, um ihre Selbstständigkeit voranzutreiben.
Seit 2020 bilden Michaela und Marike ein Mentoring-Paar und haben sich bereit erklärt, uns ein paar Fragen zum Programm und ihren Erfahrungen zu beantworten. Viel Spaß beim Lesen!
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen euch?
Michaela: Pandemiebedingt haben wir uns leider noch nie persönlich kennengelernt, was sicher auch eine Besonderheit dieses Tandems ist. Aber die Zusammenarbeit läuft trotzdem gut. Wir nutzen sehr oft den Messaging-Dienst Threema als Kommunikationsmittel. Es ist ganz praktisch, wenn Marike schnell eine Antwort benötigt. Und wenn das Thema etwas ausführlicher besprochen werden muss, nutzen wir Skype oder Zoom oder telefonieren.
Marike: Wir haben uns am Anfang ein paar E-Mails geschickt und telefoniert, aber irgendwann haben wir das geändert. Denn wenn ich akute Fragen habe, ist es über Threema einfach schneller. Die allgemeineren Fragen besprechen wir per Video-Anruf.
Was habt ihr bis jetzt voneinander gelernt?
Marike: Michaela liefert immer sehr hilfreiche Antworten auf meine berufspraktischen Fragen, was schön ist. Außerdem strahlt sie Ruhe und Souveränität aus. Das hilft mir, denn ich tendiere dazu, mir viele Gedanken über Kleinigkeiten zu machen, die vielleicht unerheblich sind. Michaela vermittelt mir das Gefühl, dass es für alle meine Fragen eine Lösung gibt.
Michaela: Durch Marike habe ich einen guten Einblick bekommen, wie die Situation für Berufsanfänger*innen aktuell aussieht und welche Schwierigkeiten sich durch die Pandemie für diejenigen ergeben, die noch nicht so lange am Markt vertreten sind. Das hilft mir, meine eigenen Herausforderungen und Gedanken besser einzuordnen und Strategien zu entwickeln, mit so einer Krise umzugehen. In unseren Gesprächen profitieren wir gegenseitig von unseren Ideen.
Viele Kolleginnen und Kollegen haben Angst nicht genug Expertise in einem Bereich zu haben und trauen sich eine Funktion als Mentorin oder Mentor nicht zu. Michaela, wie sieht es bei dir aus? Wie gehst du mit Marikes Fragen um?
Michaela: Im Grunde stellt Marike Fragen, die auch mich am Anfang meiner Selbstständigkeit beschäftigt haben. Es sind oft die Klassiker: Was mache ich bei einem nicht zahlenden Kunden? Wie gehe ich mit einer Dumping-Anfrage um? Wie komme ich an Aufträge? Da ich vieles davon schon selbst erlebt habe, kann ich Marike helfen. Aber es ist auch keine Schande, wenn man als Mentor*in mal keine Antwort auf eine bestimmte Frage hat. In solchen Fällen kann man ja auf das eigene Netzwerk zurückgreifen und den bzw. die Mentee an Kolleg*innen verweisen, die sich mit dem Thema auskennen.
Marike: Der Austausch alleine ist schon viel wert. Ich erwarte auch nicht, dass Michaela mir eine konkrete Antwort auf alle meine Fragen gibt.
Was schätzt ihr aneinander?
Marike: Michaela nimmt mich immer ernst, wenn ich eine Frage habe, und sie gibt mir immer eine Antwort, mit der ich sofort etwas anfangen kann. Dadurch traue ich mich ganz offen und ehrlich bestimmte Themen anzusprechen. Ich schätze auch ihre schnelle Reaktionsfähigkeit. Das ist sehr wichtig, gerade wenn eine Frage spontan auftaucht. Zum Beispiel wenn ich eine Anfrage von einem Kunden bekomme und zeitnah ein Angebot unterbreiten muss.
Michaela: Ich schätze an Marike, dass sie mich fragt, wenn sie einen Rat oder Unterstützung braucht. Sie vertraut mir und fragt nach meiner Meinung. Es wird manchmal von „Hol- und Bringschuld“ geredet, um die Aufgaben der Mentees und Mentor*innen zu beschreiben, aber „Schuld“ ist da nicht das richtige Wort. Unser Tandem ist geprägt von gegenseitigem Respekt und Offenheit. Mit ihren Fragen zeigt mir Marike, dass sie meine Meinung schätzt, und ich freue mich umso mehr, wenn sie meine Ratschläge beherzigt. Das gibt mir ein gutes Gefühl.
Michaela, wie hoch schätzt du den Aufwand als Mentorin ein?
Michaela: Wir telefonieren vielleicht ca. alle zwei Monate ausführlich. Zwischendurch schicken wir uns Sprachnachrichten und Messages, um spontane Fragen zu beantworten. Wir sprechen hier grob gerechnet von 1 bis 2 Stunden im Monat für die reine Zusammenarbeit. Dazu kommen die gelegentlichen Seminare oder Netzwerk-Treffen vom Mentoring-Programm. Es ist also insgesamt nicht viel Aufwand. Meine Aufgabe als Mentorin besteht aber auch nicht darin, ständig Marike mit Tipps zu bombardieren. Ich denke, es ist hilfreicher für sie, bei Bedarf jemanden zur Seite zu haben. Es ist also eher eine Art „Bereitschaftsdienst“.
Welchen Hauptnutzen zieht ihr aus dem Programm?
Michaela: Als Mentorin bekomme ich unheimlich viel zurück. Die investierte Zeit lohnt sich. Man bekommt Kontakt zu einem Menschen, den man sonst nicht in dieser Form kennengelernt hätte. Ich darf Marike zwei Jahre lang begleiten, und wer weiß, vielleicht entwickelt sich später auch eine Zusammenarbeit daraus. Das finde ich toll!
Marike: Vor dem Programm habe ich viel Zeit damit verbracht, Antworten auf meine Fragen zu finden. Ich habe viele Recherchen betrieben, war in unzähligen Foren unterwegs, und am Ende blieben viele dieser Fragen trotzdem noch offen. Jetzt ist es schön, Michaela an meiner Seite zu haben. Es stärkt mich auch emotional, denn ich weiß, ich darf mich im Zweifelsfall an sie wenden. Sie kann mir helfen, andere Perspektiven zu bestimmten Dingen einzunehmen und vielleicht einige Anfängerfehler zu vermeiden.
Habt ihr noch etwas, das ihr uns gern mitteilen wollt?
Marike: Damit die Zusammenarbeit bei einem Mentoring-Paar funktionieren kann, müssen sich Mentee und Mentor*in auf Augenhöhe begegnen. Es ist wichtig, gut und offen miteinander kommunizieren zu können.
Michaela: Ich kann nur erfahrene Kolleg*innen ermutigen, die Rolle als Mentorin oder Mentor zu übernehmen. Es ist mit wenig Zeitaufwand eine sehr bereichernde Tätigkeit.
Das Interview wurde über Zoom geführt. Hierbei handelt es sich um eine Zusammenfassung, die von Florence Pons und Karen Leicht verfasst und von Michaela Haller und Marike Telgen genehmigt wurde.
Michaela Haller
mail(at)sprachlicht.com
Marike Telgen
marike.telgen(at)mail.de